Warum ist Tierschutz rund ums Pferd wichtig?

Lesedauer: 7 Minuten | Veröffentlicht am 14.11.2024

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Nach § 1 des Tierschutzgesetzes ist es die Verantwortung des Menschen für das Tier dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen.
Im zweiten Paragrafen wird vorgeschrieben, das Tier entsprechend seiner Bedürfnisse angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen.
Aber was genau bedeutet das?

Inhaltsverzeichnis

Artgerechte Pferdehaltung: Übernehme Verantwortung für Dein Pferd mit Herz & Verstand

Wusstest du, dass sich Pferde unter natürlichen Bedingungen als Herde bis zu 16 Stunden am Tag bewegen? Überwiegend im Schritt mit Fress-, Trink- und Ruhephasen wird der Bewegungsdrang der Pferde durchaus unterschätzt. Damit die Vierbeiner psychisch und physisch gesund bleiben, liegt es in unserer Verantwortung, dem Pferd täglich mehrstündigen Bewegungsraum zu bieten.

Nächster Punkt: Kontaktmöglichkeiten zu anderen Pferden. Pferdehaltung im „Pipi Landstrumpf“-Style ist tatsächlich nicht erlaubt, auch, wenn die Vorstellung verlockend sein mag, in einer WG mit dem eigenen Pferd zu wohnen. Was für unsere Pferde lebenswichtig ist: Der Kontakt zu anderen Pferden über mindestens drei Sinnesorgane: Sicht-, Hör- und Geruchskontakt. Wenn die Haltung im Herdenverband nicht möglich ist und die Wahl auf Boxenhaltung fällt, darf diese nicht blickdicht sein! Wenigstens über Sicht, Geruch und Hören brauchen die Herdentiere einander.

„Most people’s problem with their horses is that the horses are overfed and underworked.“ - Clinton Anderson

Das große Thema Futter - hier können sich die Meinungen ziemlich spalten und hitzige Debatten in der Stallgasse darüber sind keine Seltenheit. Letztendlich ist die Fütterung des eigenen Pferdes individuell zu entscheiden und keine Podiumsdiskussion. Unumstritten sind aber ein paar Grundsätze, die für die Gesundheit des Pferdes maßgeblich sind. An mindestens zwölf Stunden täglich sollte den Tieren Raufutter bereitgestellt werden. Um den Verdauungstrakt aktivzuhalten, sollten Fresspausen nicht länger als vier Stunden dauern. Problematisch können Hungerphasen ab acht Stunden werden. Wird der pH-Wert im Magen sauer, kann das das Risiko einer Magenschleimhautreizung erhöhen. Fresspausen länger als vier bis sechs Stunden sollten daher maximal Ausnahmefälle sein. Jedes Pferd, auch in der Herdenhaltung, braucht genug Platz zum Fressen. Die Weiden müssen frei sein von Giftpflanzen. Unabdingbar ist der ständige Zugang zu frischem Wasser. Leckerli wie Obst, Gemüse und Gebackenes enthalten Zucker und Kohlenhydrate, die nur in kleinen Mengen bis idealerweise gar nicht gegeben werden. Viele unserer Freizeitpferde sind leider zu dick und bewegen sich zu wenig. Ein Problem mit körperlichen Konsequenzen und potenziellen Auswirkungen auf das Verhalten der Tiere. Ständiges Betteln, unkontrollierter Energieüberschuss, Diabetes, Stoffwechselprobleme und vieles mehr können mit einer für das Pferd unpassenden Fütterung zusammenhängen. Bei Unsicherheiten helfen Tiermediziner:innen, oder Fütterungsexpert:innen fundiert weiter.

Schutz vor Missbrauch und Vernachlässigung

Woran erkenne ich, dass ein Pferd missbraucht oder vernachlässigt wird? Was kann ich tun und an wen kann ich mich bei Verdacht auf Missbrauch oder Vernachlässigung wenden? 

Missbrauch: Der Mensch schlägt emotionsgeladen, grob und offensichtlich im eigenen Ego gekränkt auf das Pferd ein. Übernehmen Wut, Frustration, Hilflosigkeit oder Überforderung die Oberhand, kann dem Pferd gegenüber nicht mehr fair kommuniziert werden. Hat der Mensch diese Gefühle nicht mehr unter Kontrolle und versucht sie, über das Pferd loszuwerden, ist Einschreiten gefordert!

Vernachlässigung: Bei einem vernachlässigten Pferd sind körperliche Hinweise wie deutliches Untergewicht (stark sichtbare Rippen), stumpfes, ungepflegtes Fell, unbehandelte Wunden, verdreckte Beine und tierschutzwidrige Haltungsbedingungen alarmierend. Hat das Tier kein Zugang zu frischem Wasser, kein Raufutter und in der Box nicht mal Blickkontakt zu Artgenossen, ist Handeln gefragt. Wende dich an das örtliche Veterinäramt, die Polizei oder umliegende Tierschutzvereine. Ohne dich selbst in Gefahr oder juristische Schwierigkeiten zu bringen, ist das Dokumentieren von Missbrauchs- und Vernachlässigungsvorfällen als Beweismaterial für die Ermittlung höchst wertvoll.

Sicher ans Ziel: Transportbedingungen für Pferde richtig umsetzen

Schnell kann es passieren, dass dein Pferd transportiert werden muss – im schlimmsten Fall als Notfall zur Klinik. Damit das Verladen keine zusätzliche Belastung darstellt, kommen hier ein paar Tipps für sicheres Pfer-laden.

  • Ohne den Druck, wirklich irgendwohin fahren zu müssen, übe mit deinem Pferd, entspannt auf den Hänger zu gehen. Du kannst dabei mit kleinschrittigen Übungen den Hänger vom bedrohlichen Monster zum aushaltbaren Pausenraum umgestalten. Im Hauptfokus steht die größtmögliche Gelassenheit von dir selbst und von deinem Pferd.
  • Tendiert dein Pferd zu Angst bei Enge und wackligen Untergründen, beobachte, was hilft, um diese Angst zu regulieren. Ein Heunetz, erste Fahrten mit einem ruhigen Begleitpferd, wiederholendes Ein- und Aussteigen und während des Fahrens rasante Kurven (sowieso) vermeiden.
  • TransportgamaschenSchweifschoner, atmungsaktive Transportdecken und Polsterungen an den Hängerwänden plus rutschfeste Untermatten senken das Verletzungsrisiko. Das Pferd muss angebunden sein und zwar so, dass der Strick nicht zu lang ist und sich verheddert, aber auch nicht zu kurz, dass das Fressen oder die Beweglichkeit des Kopfes verhindert werden. Wichtig ist, dass es einen Panikhaken gibt, über den sich das Pferd im äußersten Notfall befreien kann.
  • Achte darauf, dass der Anhänger ordentlich angekoppelt ist, das gesamte Gefährt reibungslos funktioniert, die fahrende Person im Besitz eines Anhängerführerscheins ist und sowohl die Stangen als auch die Hängerklappe sicher verschlossen sind.
  • Laut Tiergesundheitsgesetzt zählen Pferde zum Vieh und müssen daher auch gemäß der Viehverkehrsordnung transportiert werden. Paragraf 1 führt auf, dass „tierische Abgänge“, also Urin und Mist, nicht auslaufen dürfen. Einstreu ist daher Pflicht und für das Pferd angenehmer als harter Boden.
  • Egal, wie lang die Fahrt ist, nimm immer den Pferdepass mit!
  • Laut EU-Verordnung besteht die Erlaubnis, ein Pferd 24 Stunden lang zu transportieren, insofern mindestens alle acht Stunden eine Pause zum Tränken gemacht wird. Danach muss das Tier mindestens einen ganzen Tag lang in einem tiergerechten Stall oder Auslauf Erholung bekommen. Um dein Pferd nicht bis aufs Äußerste zu strapazieren, empfiehlt sich aber, in kürzeren Abständen als alle acht Stunden nach dem Rechten zu sehen. Schau idealerweise spätestens mal nach zwei Stunden, ob dein Pferd noch steht, ruhig ist und nicht übermäßig gestresst ist. Während der Fahrt stell‘ dir vor, du hättest rohe Eier lose auf dem Beifahrersitz, die in schnellen Kurven oder beim abrupten Bremsen dein ganzes Auto beschmieren würden. Natürlich brauchst du auch nicht übermäßig vorsichtig zu fahren, aber ein Pferd hinten im Hänger sollte mindestens genauso behutsam gefahren werden wie rohe Eier lose auf dem Beifahrersitz.

Präventionsmaßnahmen vor Gefahren

Welche Wetterbedingungen sind für die Gesundheit unserer Pferde mit Vorsicht zu genießen? Bei Hitze sind Schattenplätze super-wichtig, denn tatsächlich können auch Pferde überhitzen und an hellen, fellarmen Hautstellen Sonnenbrand bekommen. Eine Wiese oder ein Paddock ohne Unterstand oder schattige Bäume zum Unterstellen ist besonders an heißen Sommertagen gefährlich. Ist das Kind schon in den Brunnen gefallen und dein Pferd fühlt sich ohne körperliche Betätigung schwitzig und hitzig an, kann eine (vorsichtige!) Abkühlung helfen.

Nässe: : Die Kombination aus nassem Fell und kühlem Wind erhöht das Risiko einer Erkältung des Pferdes. Auch hier ist ein trockener Unterstand wichtig. Sind die Pferde größtenteils draußen und neigen zu sensiblen Immunsystemen, helfen wasserdichte Decken. Achte darauf, dass die Decken nicht durchweichen und regelmäßig gewechselt werden. Damit dein Pferd unter der Decke nicht schwitzt, ist die Dichte der Decke an die Außentemperatur und die körperliche Aktivität deines Vierbeiners anzupassen. Regendecken ohne Füllung sind kaum atmungsaktiv, wodurch keine Körperwärme nach Außen abgegeben wird – eine Erkältungsgefahr, die unter der Decke lauert und nicht aus den Wolken kommt! 

Kälte: Gleiches gilt für das Thema Kälte. Symptome wie Husten, Schnupfen, Fieber und Abgeschlagenheit können auf eine Erkältung hinweisen. Um Tierarztkosten und Krankheitstage deines Pferdes vorzubeugen, empfehlen wir, temperaturangepasste Winterdecken einzusetzen.

Du wirst vermutlich niemals jede noch so kleine Gefahrenquelle für Verletzungen eliminieren können, zumal sich Pferde scheinbar an den skurrilsten Stellen und auf die seltsamsten Arten verletzen können. Was du aber tun kannst, ist mit wachsamen Blicken die Unterbringung deines Pferdes zu scannen. Giftpflanzen, spitze Gegenstände an Stallwänden, kaputte Zäune, tiefe Löcher auf der Weide, defekte Wassertränken oder zu rutschige Böden in der Box sind einige potenzielle Verursacher neuer Tierarztrechnungen.

Die Autoren

Die Autoren von Waldhausen sind Experten im Bereich Reitsport und bringen ihre fundierten Kenntnisse sowie langjährige Erfahrung in unseren Texten mit ein. Durch ihre eigene Reiterfahrung und Expertise liefern sie authentische und praxisorientierte Inhalte, die auf jahrelanger Erfahrung basieren. Ziel ist es, Reitsportbegeisterte mit fundierten und hilfreichen Texten zu unterstützen, die sowohl für Einsteiger als auch erfahrene Reiter sind.
Waldhausen Team

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