Die richtige Pflege von Pferdeweiden

Lesedauer: 9 Minuten | Veröffentlicht am 14.11.2024

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Der größte Hebel, um ein fittes, gesundes, leistungsfähiges und glücklich wirkendes Pferd zu haben, ist das Grundfutter. Also das, was man nicht einfach per Klick bestellen kann: Heu, Gras, Heulage, eben Grünfutter, in welcher dargereichten Form auch immer. Das alles liefern gut gepflegte Weiden. Neben dieser Ernährungsgrundlage bietet Grünland den Pferden ihren naturnächsten Lebensraum: Platz, sich frei zu entfalten, Sozialkontakte zu pflegen, sich zu bewegen und einfach Pferd zu sein. Daher ist die Pferdeweide kaum hoch genug einzuschätzen für die Gesundheit des Pferdes.

Was zunächst einfach grün und groß erscheint, eine Weide eben, ist tatsächlich ein hochkomplexes System, das Pflege braucht, um hochwertiges Futter zu liefern und einen beständig guten Lebensraum fürs Pferd. Werden Weiden nur benutzt, das Gras tief abgefressen, die Grasnarbe zertreten und zermatscht, dann kann sich die Fläche auch nach Ruhephasen nicht ausreichend erholen und funktioniert nicht mehr gut.

Pferdeweiden brauchen ein passendes und zeitgemäßes Management. Dann sind sie außerdem nicht nur Lebensraum und Freizeitort für Pferde, sondern leisten einen wichtigen Beitrag zur artenreichen Pflanzenwelt.

Inhaltsverzeichnis

Pflege von Pferdeweiden: Boden & Verbesserung

Es gibt ein paar Glaubensätze in Bezug auf Weiden, Gras und Heu, die sich halten, obwohl sie längst überholt sind: zum Beispiel, dass nur ungedüngte Weiden guten Grasaufwuchs für Pferde oder hochwertiges Heu liefern. Das stimmt so nicht – auch wenn überdüngte Flächen mit ausschließlich Hochleistungs-Grasssorten sicher kein ideales Pferdefutter darstellen.

Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Damit das Gras alle notwendigen Nährstoffe aus dem Boden ziehen kann, braucht es eine bedarfsgerechte Düngung. Sonst kann das Gras sogar gestresst sein und mit höheren Zuckerwerten reagieren. Über den spezifischen Bedarf geben Bodenanalysen Antwort. Dafür werden Erdproben von mehreren Stellen einer Fläche genommen, vermischt und in ein Labor gesendet. Das Labor schlüsselt zum Beispiel auf, wie hoch der PH-Wert ist und welche Mineralien vorkommen. In einem solchen Analysedokument werden meist konkrete Düngeempfehlungen formuliert. Je nachdem, was der Boden braucht, können weitere Pflegemaßnahmen durchgeführt werden, zum Beispiel Schleppen zum Begradigen, Walzen zur Verdichtung, Kalken zur Veränderung des PH-Wertes oder Schlitzen zur Belüftung.

Optimales Grasmanagement

Pausenzeiten sind ein mächtiges Pflegemittel für Pferdeweiden – und leider häufig schwer einzuhalten, da für die meisten Pferdebetriebe Fläche eher ein knappes Gut ist. Als Faustregel kann man für Umtriebsweiden sagen: Drei Pausen pro Weide pro Saison. Zum Beispiel eine im Frühling für vier Wochen, eine im Sommer für sechs Wochen, eine im Herbst für acht Wochen.

Tiefer Verbiss durch die Pferde

Denn die größte Schwierigkeit, mit der Pferdebesitzer zu kämpfen haben, ist der tiefe Verbiss durch die Pferde: sie fressen das Gras bis beinahe zur Wurzel ab. Gerade am Anfang der Saison sollten Pferdebetriebe darauf achten, die Weiden nicht zu stark zu strapazieren. Im Frühling hat es das Gras schwerer, so etwas auszugleichen, da die Temperaturen noch nicht durchgängig hoch genug sind, um mit Wachstum stetig dagegen zu steuern. Der Grasstruktur und Grasbesetzung der Weide hilft es sehr, den Beginn der Weidesaison hinauszuzögern, bis das Gras ungefähr 20 bis 30 Zentimeter Höhe hat. Heufütterung und Bewegung auf Paddockflächen sind hilfreiche Alternativen zum Weidegang. Werden Gräser zu kurz abgefressen – was Pferde durch ihre Zähne gut können, anders als Milchvieh zum Beispiel – dann können sie sich nur langsam wieder erholen und die Weide nimmt Schaden. Solche Schäden sind nicht leicht auszugleichen. Auch Nachsäen begrenzt den Schaden lediglich. Eine gute Gräserstruktur ist Ergebnis jahrelanger Arbeit und von sorgfältigem Management.

Nachsäen als notwendige Akuthilfe

Sind nackte Stellen in der Grasnarbe entstanden, ist ein direktes Nachsäen die notwendige Akuthilfe. Denn solch sichtbare Erdstellen werden ansonsten schnell von unerwünschten Pflanzen besiedelt, von Ampfer, Disteln und Brenneseln. Neben dieser Akutpflege ist eine ausgesuchte Nachsaat für die gesamte Fläche alle paar Jahre eine Investition, die sich auszahlt, wenn der Samen entsprechend der lokalen Bodenverhältnisse und der Intensität der Nutzung ausgesucht wurde. An Stellen, die viel Vertritt aushalten sollen, macht eine Saatmischung mit einem hohen Anteil von Deutschem Weidelgras Sinn – obwohl genau dieses Milchvieh-Hochleistungsgras ansonsten unter Pferdehaltern verpönt ist. Auf Futterflächen hingegen kann man Mischungen ohne oder mit wenig Deutschem Weidelgras nutzen, um so den Zuckergehalt des Aufwuchses zu senken. Wiesenlieschgras und Knaulgras sind zum Beispiel risikoarme Grassorten für Pferde. Klee sollte in keiner Mischung enthalten sein, die für Pferdewiesen gedacht sind.

Zu den wichtigsten Maßnahmen der Weidepflege gehört das Mulchen. Damit ist nicht das Abdecken mit Material gemeint, wie man den Begriff beim Gärtnern zum Beete abdecken nutzt. Mulchen von Pferdeweiden bedeutet: Es werden Bereiche gemäht, die die Pferde nicht abgefressen haben und das Material wird zerkleinert auf der Wiese verteilt. Ebenso Pferdeäpfel, die schon etwas Düngung liefern, aber auch Wurmeier enthalten können. Hygienischer ist das Absammeln des Pferdekots, was für Großbetriebe aber meist zeitlich nicht zu leisten ist. Mulchen macht aber auch Sinn, wenn die Äpfel zuvor abgesammelt wurden.

Die richtige Unkraut- und Schädlingsbekämpfung

Welche Unkräuter auf der Weide stehen, hängt von Bodenzusammensetzung und Nutzung der Weide ab. Unkräuter sind nicht einfach nur ärgerlich, sondern zeigen zudem an, was die Weide akut braucht. Ist der gelbe Hahnenfuß zu sehen – umgangssprachlich Butterblume genannt – ist dies zum Beispiel ein Zeichen dafür, dass dem Boden Kalk fehlt. Zufügen kann man Kalk das ganze Jahr über, am sinnvollsten jedoch im Frühling und Herbst. Entweder man streut händisch Futterkalk aus oder lässt auf großen Flächen Kalk-Granulat per Traktor ausbringen. Wieviel auf die Weide an Kalk soll, das empfehlen Laboranalysen des Bodens. Landwirte, die ihre Flächen genau kennen, entscheiden das auch mal Pi mal Daumen.

Hahnenfuß, Jakobskreuzkraut & Ampfer

Hahnenfuß auszureißen macht zum Beispiel für diese Pflanze aufgrund ihres Wurzeltyps wenig Sinn, kalken hingegen hilft langfristig, sie loszuwerden. Die Pflanze gilt zwar als mäßig giftig für Pferde, verursacht in der Praxis meist jedoch keine Probleme, Pferde meiden sie. Ganz anders ist das bei Jakobskreuzkraut. Die Pflanze ist in den vergangenen Jahren immer mehr zum Problem auf deutschen Weiden geworden. Jakobskreuzkraut ist hochgiftig: für den Menschen bei Hautkontakt, fürs Pferd ganz besonders getrocknet im Heu. Wo immer diese Pflanze auf Weiden auftaucht: Aus dem Boden ausziehen mit Wurzel, dabei Handschuhe tragen und im Restmüll entsorgen, nicht im Biomüll oder Mist. Jakobskreuzkraut ist eine zweijährige Pflanze und besitzt im zweiten Lebensjahr typischerweise einen lilafarbenen Stängel, was sie von anderen, ähnlich gelb blühenden, unschädlichen Pflanzen unterscheidet. Im ersten Lebensjahr blüht Jakobskreuzkraut nicht, sondern ist als bodennahe Blattrosette weitaus schwieriger erkennbar. Durch ihre dünnen Pfahlwurzeln lässt sich die Pflanze gut einfach ausziehen.

Auch die Wurzeln des stumpfblättrigen Ampfers lassen sich raushebeln. Diese Pflanze ist für Menschen ungiftig. Sie vermehrt sich gern auf Flächen, die zu festen Boden haben oder neu angelegt wurden. Ein hochwertiger Ampferstecher hilft beim Ausziehen der Wurzeln sehr, denn die Wurzeln sind tief und fest im Boden verankert.

Vorsicht bei Unkraut & Mulden

Vorsicht bei Unkraut und Mulchen übrigens: Wenn viel großblättriger Ampfer auf der Weide steht, verbreitet das Mulchen dessen Saatgut, wenn er in Blüte steht. Und dieser Samen bleibt Jahrzehnte lang fruchtbar. Dann gilt: Den Ampfer chemisch bekämpfen. Biobetriebe sollten ihn schneiden, wenn der Speicherstoff oben in der Pflanze ist. Das ist der Fall, wenn die Pflanze sich zwischen Blühen und Samenbildung befindet. Nur zu diesem Zeitpunkt wird die Pflanze durch das Schneiden geschwächt. Das Kappen der Pflanze ist auch bei Disteln das Mittel der Wahl. Distelblüten sind zwar gesund für Pferde, allerdings vermehren sich Disteln rasant und nehmen schnell Überhand.

Effektive Entwurmung und Hygienemaßnahmen: So halten Sie Ihre Weide parasitenfrei

Zur Weidepflege gehört auch die Bekämpfung von Parasiten im Magendarm-System des Pferdes und eine entsprechende Hygiene bezüglich der Pferdeäpfel auf den Weiden. Eine regelmäßige Entwurmung der Pferde ist absolut notwendig, um den Parasitenbefall einzudämmen. Die Parasiten komplett loszuwerden ist leider eine Wunschvorstellung.

Was regelmäßig entwurmen bedeutet, hängt von vielen Faktoren ab: Ob es sich um Jungpferde handelt (die noch kein ausgeprägtes Immunsystem haben und daher anfälliger sind, also häufiger entwurmt werden müssen), wie hoch die Bestandsdichte ist und ob die Pferde zeitlebens gut gemanagt wurden in Bezug auf Wurmkuren und Wurmkontrolle oder eben nicht. Es gibt diverse Philosophien der korrekten Entwurmung. Durchschnittlich vier Mal im Jahr ist wohl die am häufigsten praktizierte Variante.

Eine Alternative zur häufigen chemischen Gabe ist die zeitgemäße selektive Entwurmung. Dabei wird der gesamte Pferdebestand mehrfach im Jahr kontrolliert und nur je nach Ergebnis entwurmt.

Die wichtigste Wurmkur ist die im Winter gegen die Magendassel. Der eingesetzte Wirkstoff heißt Ivermectin oder Moxidectin. Meistens werden Kombiprodukte genutzt, die auch gegen Bandwürmer wirken. Die Pferde infizieren sich, weil die Magendassel gelben Eier auf Haare der Pferde ablegt. Die schlüpfenden Larven werden vom Pferdemaul bei der Fellpflege aufgenommen und beißen sich ungefähr sechs Wochen später in der Magenschleimhaut des Pferdes fest. Sie können zu Magengeschwüren beitragen. Da sie in den Wintermonaten im Magen verbleiben, können sie in dieser Phase durch Wurmkuren beseitigt werden. Daher ist die typische große Wurmkur Ende November, Anfang Dezember immer eine gute Entscheidung. Selbst Anhänger von Entwurmungen nur nach Kotproben geben diese Kur meistens prophylaktisch.

Einsatz von Bewässerungsmanagement

Jede Weide benötigt Frischwasser, das den Pferden immer zugänglich sein sollte. Untersuchungen zeigen, dass Pferde ausreichender trinken, wenn sie eine offene Wasserfläche geboten bekommen. Die typischen kleinen Pferdetränken, bei denen über Druck Wasser nachfließt, sind praktisch, aber können zu einer zu geringen Wasseraufnahme führen.

Mit der fortschreitenden Klimaveränderung wächst auch die Relevanz von Wasser in der Weidepflege: Trockenheitsperioden führen auch in Deutschland zu Heu am Stiel, in anderen Jahren sind die Böden der Weiden heillos übernässt. Die Suche nach Lösungen ist dringend. Eine Möglichkeit: Bewässerungssysteme einführen wie in der Gemüse anbauenden Landwirtschaft. Sie werden auch für Pferdehalter immer interessanter.

Pflege von Pferdeweiden – das ganze Jahr

Aus der Weidepflege kann man eine Wissenschaft machen – und erst über Jahre hinweg kennt man sein Weideland wirklich gut: wo nasse Stellen sind, wo trockene, wo die Pferde Wege selbst abgehen, wo Schatten ist und wo sich Bäume selbst aussäen. Es gibt Jahre, in denen alle Pflegemaßnahmen wie aus dem Lehrbuch angewendet werden können, der Niederschlag in gutem Maß kommt und alles wie am Schnürchen läuft. Und es gibt Jahre, da kann trotz bestem Vorhaben nicht eine Pflegemaßnahme durchführen – zum Beispiel, wenn die Böden unbefahrbar durch Traktoren sind, weil es über Monate hinweg zu viel Regen gab.

Als pragmatische Faustregel gilt: Im Frühjahr schleppen und düngen. Während der Beweidung, wenn möglich, Pferdeäppel einsammeln. Grasnarbe schonen durch Weideumtrieb und Pausen. Nach jeder Beweidung mulchen. Im Herbst düngen und mulchen. Walzen nach Bedarf, ebenso Kalken.

Achtung: Sobald die Temperaturen unter acht Grad fallen, wächst Gras nicht mehr. Bedeutet: dann nur das an Flächen Beweiden lassen, was noch reichlich Futter hat. Den Weiden Ruhephasen und Winterpausen geben. Für Gegenden mit lehmreichen Böden kann das bedeuten: Kein Weidegang von November bis Mai. Für Gegenden mit sandigen Böden, wo Wasser gut abfließt und daher Trittschäden weniger stark zu befürchten sind, kann es ganzjährig möglich sein, die Weiden offen zu halten. Das hängt auch von der Besatzdichte ab. Üblicherweise rechnet man zwei Pferde pro Hektar Fläche. In der Praxis gibt es jedoch nur wenige Betriebe, die so eine geringe Besatzdichte haben. Letztlich ist Weidehaltung ein Kompromiss der Bedürfnisse unserer Tiere und der praktischen Gegebenheiten.

Biodiversität fördern

Um der Natur etwas zurückzugeben, kann man am Rand von Pferdeweiden zum Beispiel Blühstreifen anlegen. Dafür eignen sich vor allem vor Verbiss sichere Flächen hinter Zäunen. Blühstreifen helfen Wildbienen und anderen nektarsuchenden Insekten. Ein paar unordentliche Ecken auf den Flächen, die durch Laub, Totholz und Geäst Insekten und Igeln Unterschlupf bieten, helfen der Biodiversität enorm und bedeuten wenig Aufwand. Wer Hecken pflanzt, kann diese durch Totholzhecken immer wieder mal unterbrechen. Beides wird von heimischen Vogelarten, Kleinsäugern und Insekten sehr geschätzt.

Hecken und Sträucher bieten Unterschlupf und können auch für Pferde nützlich sein. Holunder hält zum Beispiel Mücken auf Abstand. Weiden sind begehrte Knabberpflanzen für Pferde und wachsen so gut, dass man sie immer wieder beschneiden kann. Haselnuss-Sträucher sind ebenfalls dankbare Zaunbegleiter, die auch für Abwechslung auf dem Pferde-Speiseplan sorgen können.

Die Autorin
Die Autorin

Die Autorin

Ich bin Jeannette Aretz und schreibe seit über 20 Jahren als Fachjournalistin über Pferdeausbildung. Neben meiner Arbeit konzipiere ich Lehrfilme, leite Drehs und begleite Unternehmen bei Wandlungsprozessen mit meinem Gespür für die neuesten Trends der Branche. Mit den ponychicas habe ich ein unterstützendes Online-Umfeld für Frauen mit Pferden ins Leben gerufen.
Jeannette Aretz

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