Atemwegserkrankungen und -probleme beim Pferd: Symptome, Ursachen & Behandlung

Lesedauer: 7 Minuten | Veröffentlicht am 20.12.2024

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Die meisten von uns haben es schon einmal erlebt: Wir reiten im Winter in der Halle unser Pferd locker warm und plötzlich hören wir ein seltsames Geräusch aus der Richtung des Kopfes. Husten. Doch was hat das nun zu bedeuten? Ist unser Pferd wirklich krank? Oder gibt es eine ganz andere Ursache? Erkrankungen und Probleme mit den Atemwegen beim Pferd sind ein weites Feld, welches von den oberen Atemwegen bis in die Tiefen der Lungenflügel reicht. Oft werden Erkrankungen an einer einzigen Ursache festgemacht und weitere Gründe übersehen. Doch wie so oft lohnt sich ein genauer Blick auf die Haltungsbedingungen und die Umwelteinflüsse, mit denen unser Pferd täglich konfrontiert wird. Ein Überblick, welche Erkrankungen und Probleme es gibt und was im Ernstfall zu tun ist.

Die Bedeutung gesunder Atemwege

Jeder von uns weiß, wie man sich mit einer Erkältung oder Bronchitis fühlt. Selbst, wenn es uns nur leicht erwischt, haben wir in der Regel das Gefühl, dass alles zehnmal so schwierig ist und wir uns zu vielen sonst alltäglichen Tätigkeiten quälen müssen. Projizieren wir genau dieses Krankheitsbild nun auf das Flucht- und Bewegungstier Pferd – und schon ist uns die Bedeutung gesunder Atemwege bei Pferden klar.

In Arabien gibt es das Sprichwort, dass Pferde den „Wind trinken“ würden. Gemeint sind die Arabischen Vollblüter mit ihrer erhobenen Kopfhaltung. Doch im Grunde kann man die Worte auf alle Pferderassen übertragen. Beobachten wir Pferde nur auf der Koppel, beim Ausritt, beim Training – und wir sehen, wie wichtig gesunde Atemwege in jeder alltäglichen Situation erscheinen. Ohne gesunde Atemwege sinkt das Leistungsniveau jedes Pferdes, zudem ist ein deutlicher Einfluss auf das Wohlbefinden des Pferdes erkennbar.

Ursachen von Husten beim Pferd

Deshalb heißt es immer kritisch das Umfeld des erkrankten Pferdes zu betrachten und etwaige Problemstellen aufzudecken. Dabei sollten Tierarzt und Pferdehalter stets eng zusammenwirken.

Einflüsse von außen

Eine Vielzahl an Fragen ist wichtig, wenn wir als Pferdehalter genaue Erkenntnisse gewinnen möchten, woher der – potenziell chronische – Husten unseres Pferdes kommt.

Einige der wichtigsten:

  • Kommt mein Pferd regelmäßig an die frische Luft? (insbesondere im Winter relevant) 
  • Werden die Stallungen gut gelüftet? Gibt es womöglich eine zu hohe Ammoniakkonzentration durch zu seltenes Misten?
  • Welche Qualität haben Heu, Stroh und auch Kraftfutter? Können sie von Schimmel befallen sein?
  • Wie steht es um den Boden des Reitplatzes und der Halle? Wird er regelmäßig und ausreichend bewässert? Gibt es womöglich kritische Zuschlagstoffe?
  • Ist mein Pferd deutlichen Temperaturschwankungen, etwa zwischen Tag und Nacht oder zwischen Offenstall und Halle, ausgesetzt?
  • Darf mein Pferd sich ausreichend an der frischen Luft frei bewegen (auch wenn es kalt ist)?

Alle Fragen müssen selbstverständlich ehrlich beantwortet werden, um dem Pferd weiterzuhelfen.

Viren & Bakterien

Infektiöse Ursachen, sprich Viren, Bakterien, Pilze und Parasiten, sind die häufigsten Auslöser von Atemwegserkrankungen. Schnell erkennt man, dass Viren und Bakterien sowie deren Rolle als Auslöser von Erkrankungen nicht eliminieren kann. Was jedoch möglich ist: Das Immunsystem des Pferdes stärken und es damit widerstandsfähiger gegenüber den Erregern machen. Dies funktioniert vor allem durch Bewegung, Frischluftzufuhr und Hygiene.

Insbesondere staubiges, schimmliges Futter kann eine Rolle spielen. Besonders beachten sollte der Pferdehalter dabei Heu und Stroh sowie jegliche Art der Einstreu und deren Qualität. Staub und seine Bestandteile – feinste Partikel von Futtermitteln, Stroh, Kot oder Sand, Bakterien, Hefen, Schimmelpilze, Milben, Giftstoffe bakteriellen Ursprungs, chemisch aktive Substanzen wie z.B. Ammoniak, Haare, abgeschilferte Hautpartikel von Tier oder Mensch – gehören zu den größten Belastungsfaktoren für den Atmungsapparat.

Pilze und andere Parasiten kann man auf diese Weise oft in Schach halten. Schwieriger sieht es mit Viren und Bakterien aus. Insbesondere wenn – vor allem in der kalten Jahreszeit – eine Atemwegserkrankung im Stall ausgebrochen ist, pflanzt diese sich häufig von Pferd zu Pferd weiter fort, sofern dieses nicht schnellstmöglich isoliert wurde. Zu den größten Schreckgespenstern der modernen Pferdehaltung zählen die Equinen Herpesviren, deren Verbreitung massive und teilweise tödliche Folgen haben kann.

Allergien & Futterunverträglichkeiten

Ein spezieller Bereich der Atemwegserkrankungen, der jedoch immer häufiger auftritt, sind Allergien und Futterunverträglichkeiten. Die Frage lautet: Warum gibt es heute mehr Allergiker als noch vor einigen Jahrzehnten?

Forscher erörtern mittlerweile zu welchem Anteil der Klimawandel hier eine Rolle spielt. Die Belastung durch Feinstaub ist gestiegen. Je kleiner die Staubkörner sind, desto tiefer können sie in die Lunge eindringen. Wenn die Pferde durch anhaltende Trockenheit der Problematik über eine erheblich längere Zeit ausgesetzt sind, können auch die Folgen dramatischer sein. Im schlimmsten Fall kann es zu einer Problematik wie Equinem Asthma kommen. Auch Pollenflug beeinflusst die Atemwege mancher Pferde.

Falsche Fütterung und falsche Haltung sind jedoch weitaus häufiger die Auslöser von allergischem Husten. Ein warmer Stall mit viel Ammoniakmief und ohne frische Luft ist ein idealer Brutkasten. Allergischer Husten beginnt oft nur mit harmlos erscheinendem Husten bei körperlicher Belastung. Auch wenn das Pferd bei der Fütterung hustet, sollte das die Aufmerksamkeit des Besitzers wecken. Es muss bei Husten sofort abgeklärt werden, ob eine Allergie oder andere Erkrankung vorliegen, sonst kann die Leistungsfähigkeit des Pferdes sehr schnell stark absacken.

Klar ersichtlich wird hier, dass die Ursachen von Husten beim Pferd oft nicht an einem Faktor festgemacht werden können, sondern dass oft eine ganze Reihe von Zahnrädern ineinander rattern.

Alarm in den Atemwegen – Symptome sicher erkennen

Wenn eine akute oder chronische Atemwegserkrankung vorliegt, ist in jedweder Hinsicht Handlungsbedarf gegeben. Doch wenn man handeln möchte, muss man erst einmal wissen, auf was es zu achten gilt.

Checkliste: Auf welche Symptome gilt es zu achten?

Die häufigsten Anzeichen für eine Erkrankung der Atemwege sind

  • Fressunlust
  • Nasenausfluss (im besonders ernsten Fällen auch blutig), der nicht wässrig, sondern schleimig aussieht und bei Befall des Atemtraktes durch Bakterien verfärbt ist.
  • Husten in Kombination mit und ohne Nasenausfluss
  • Husten, wenn Staubentwicklung auftritt
  • Geschwollene Lymphknoten im Bereich der Ganaschen als Zeichen der körpereigenen Abwehr 
  • Schüttelfrost und Fieber, bzw. erhöhte Temperatur von mehr als 38.5°C
  • Erhöhter Puls bis 50 oder 60 Schläge pro Minute
  • Leistungsabfall, Arbeitsunlust und Müdigkeit
  • Sofortiger Handlungsbedarf bei hohem Fieber und Atemnot!

Akute Erkrankung vs. Chronischer Husten

Dauert ein Husten mehr als zwei Wochen an, sollte er definitiv nicht mehr auf die leichte Schulter genommen werden, egal wie leicht er erscheint. Dann sollte jedes Pferd einem Tierarzt vorgeführt werden, da die Gefahr einer chronischen Erkrankung hoch ist. Bei dieser sind die Symptome oft schleichend und gehen nicht selten aus einer akuten Erkrankung hervor, welche nicht richtig auskuriert wurde.

„Man geht davon aus, dass rund 40 Prozent der Pferde bei uns unter einem kleinen oder auch größeren Lungenproblem leiden“, erläutert Dr. Olivier Brandenberger von der „Hanseklinik für Pferde“. „Es gilt herauszufinden, ob diese akut sind und auf diese Weise behandelt werden können oder ob es sich um Ansätze einer chronischen Erkrankung handelt. Die Lunge hat beim Pferd ein Volumen von über 200 Litern. Dass sie bestmöglich funktioniert, ist für das Bewegungstier Pferd enorm wichtig. Wenn eine Erkrankung frühzeitig erkannt wird, kann man dieser auch noch gut entgegenwirken. Dann müssen beispielsweise keine allzu starken Medikamente verabreicht werden und einige Zeit auf der Weide reicht zur Linderung in der Regel aus.“

Husten beim Reiten

Beim Reiten ist immer auf das richtige Aufwärmen des Pferdes zu achten. Im Winter benötigen die Muskeln, Sehnen und auch Atemwege länger, um tatsächlich auf „Betriebstemperatur“ zu kommen. Deshalb sollte das Pferd zunächst in der Halle oder auf dem Reitplatz ausgiebig im Schritt aufgewärmt werden. 20 Minuten sollten dafür mindestens einkalkuliert werden. Während der letzten halben Stunde des Trainings oder Ausrittes sollte ebenfalls Schritt am langen Zügel geritten werden, damit das Pferd wieder entspannen und erholen kann und die Körpertemperatur in den normalen Bereich absinkt. Insbesondere in diesen Phasen sollte der Reiter darauf achten, ob das Pferd hustet und wie sein Allgemeinzustand wirkt.

Abhusten beim Reiten ist grundsätzlich nicht gefährlich, allerdings sollte jeder Reiter dabei hellhörig werden und sein Pferd genau weiter beobachten. Oft ist das Abhusten ist das ein erster Hinweis auf festsitzenden Schleim, welcher durch Nichtbehandlung chronisch werden kann. Insbesondere wenn die Problematik beim Reiten durchs Genick auftritt, kann es sich auch um eine Kehlkopfentzündung handeln, welche unbedingt abgeklärt werden muss.

Verschiedene Formen von Atemwegserkrankungen

Wir werfen einen Blick auf die drei am häufigsten vorkommenden Formen von Atemwegserkrankungen. Mit diesen Symptomen ist zu rechnen und so können sie differenziert werden.

Akute Bronchitis: Symptome und Behandlung

Bei einer Bronchitis leiden Säugetiere an einer Entzündung der Atemwege, wodurch diese anschwellen und daraus folgend die Atmung erschwert wird. Erste Symptome können wie folgt aussehen:

  • Zu Beginn vor allem schleimiger Husten, welcher einige Tage später in trockenen Husten übergeht
  • Schwerere und angestrengte Atmung
  • Nasenausfluss
  • Schwellung der Lymphknoten am Hals und Kopf
  • Abgeschlagenheit, Fressunlust, verminderte Leistungsfähigkeit
  • Manchmal erhöhte Temperatur und Fieber, jedoch kein Muss

Chronisch-obstruktive Bronchitis (COB): Ursachen und Therapiemöglichkeiten

Laut einem Fachartikel von Kerstin Fey von der Klinik für Pferde der Uni Gießen leiden etwa 50 Prozent der in Boxen gehaltenen Pferde unter chronisch obstruktiver Bronchitis. COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease) oder -Chronisch-obstruktive Bronchitis (COB) ist auch bekannt als Equines Asthma. Umgangssprachlich wird auch von „Dämpfigkeit“ geredet. Erkrankungen der Atemwege sind niemals auf die leichte Schulter zu nehmen, denn der Leidensdruck des Pferdes, wenn es nicht ausreichend Luft bekommt, ist groß. Oft werden Pferde dennoch in Kliniken oder beim Tierarzt viel zu spät mit einer Erkrankung der Atemwege vorgestellt, nämlich dann, wenn die Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist. Tierärzte betonen dabei immer wieder, dass eine konsequente schulmedizinische Behandlung unerlässlich ist.

Der Nasenausfluss unterscheidet sich bei chronischer Bronchitis in der Regel von der akuten Variante. Während er bei einer akuten Bronchitis eher wässrig erscheint, ist er bei der COB trüb und eher gelblich. Oft tritt auch krampfartiger Husten durch eine Verengung der Atemwege auf. Als chronisch gelten Atemwegsprobleme immer dann, wenn die Symptome mindestens sechs Wochen lang vorhanden sind.

Allergiebedingter Husten: Symptome und Behandlung

Allergien können durch Futter oder die falsche Einstreu entstehen. Allerdings gibt es auch Möglichkeiten, dass diese draußen zu bestimmten Jahreszeiten durch insbesondere neu hinzugekommene Pflanzenarten („Neophyten“) auftreten. Immer wieder kommt es zu Fällen, bei denen Pferde auf die Pollen bestimmter Pflanzen reagieren, dass ein Wechsel der Weide- oder Paddockfläche oder gar des Stalles nötig wird. Medikamente helfen oft nur bedingt gegen allergische Reaktionen. Häufig werden bei Pferden Allergien außerdem nicht etwa durch den direkten Flug von Pollen im Frühjahr ausgelöst, sondern durch Pollen im Heu, welches zu allen Jahreszeiten verfüttert werden kann. Wer eine Problematik in einem bestimmten Zusammenhang zu erkennen glaubt, sollte demnach bei der Suche nach Gründen hier ansetzen. Gegebenenfalls muss auf Heualternativen wie Heulage ausgewichen werden oder ein Wechsel der Weide kann Abhilfe schaffen. Eine Heuanalyse kann bei übermäßigem Dreck und Staub schnell weiterhelfen. Gegebenenfalls steht dann ein Wechsel des Lieferanten an. Zusätzlich kann der Tierarzt bei schweren Reaktionen Medikamente verabreichen. Wichtig ist, dass zunächst eine Differenzialdiagnose durch den Tierarzt erfolgt. Dabei werden verschiedene Tests, unter anderem eine Blutanalyse durchgeführt, welche Aufschluss darüber geben, ob das Pferd überhaupt unter einer Allergie oder aber einer andere Krankheit (akute oder chronische Bronchitis) oder schlicht „nur“ einer Unverträglichkeit leidet.

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Die Autorin

Geboren 1983 in Mühldorf am Inn, entdeckte ich früh meine Leidenschaft für Schreiben, Kultur, Pferde und Reisen. Nach dem Abitur und einem B.A. in Kulturwissenschaften begann ich 2007 meine journalistische Laufbahn. Mein Artikel über Meredith Michaels-Beerbaums EM-Sieg wurde mehrfach ausgezeichnet. Seither schreibe ich für über 30 Fachmagazine, unterstütze Buchprojekte wie „Ausgewählte Hengste Deutschlands“ und betreue PR-Mandate. Zudem widme ich mich dem Reisejournalismus, etwa in meiner Serie „Turnierhopping“.
Alexandra Koch

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